"/imagine: Eine Reise in die Neue Virtualität" im MAK

© Zyva Studio × Charlotte Taylor

Die MAK Ausstellung zeigt erstmals ein faszinierendes Spektrum virtueller Raumproduktion, Architektur und Städteplanung der vergangenen zehn Jahre

Wien (OTS) - Im virtuellen Raum sind spektakulären Entwürfen und visionären Szenarien für fiktive Architekturen und Umgebungen keine Grenzen gesetzt. Hyperrealistische Computer-Renderings oder KI-Algorithmen haben die Konzeptions- und Entwurfsprozesse in Design und Architektur revolutioniert und rasant an Popularität gewonnen; sie stehen mittlerweile diversen, jungen und interkulturellen Stimmen offen, die damit neue Welten und Utopien an der Schnittstelle von Unmöglichkeit und Realität imaginieren.

Mit der thematischen Ausstellung „/imagine: Eine Reise in die Neue Virtualität“ (10.5.–10.9.2023) zeigt das MAK erstmals ein faszinierendes Spektrum virtueller Raumproduktion, Architektur und Städteplanung der letzten zehn Jahre und entführt in Traumwelten, die es so vielleicht nie geben wird. Die Ausstellung gibt einen Überblick über die vielfältigen Gestaltungsstrategien der „Neuen Virtualität“ und vereint spannende, teils neu produzierte Projekte internationaler Architekt*innen, Designer*innen und Künstler*innen.

Das titelgebende „/imagine: („stell dir vor“) ist jener Befehl, der User*innen die Gestaltung eigener Architektur-Utopien mit der Open-Source-Software Midjourney ermöglicht. Auf Basis von beschreibendem Text generiert eine KI Bilder, die unendlich variiert und verändert werden können.

In vier Kapiteln – „Speculative Narratives and Worldbuilding“, „Research Investigations“, „Dreamscapes“ und „AI and Algorithmic Variation“ – werden Arbeiten in unterschiedlichen Medien gezeigt; Renderings, CGI-Visualisierungen, 3D-Animation und -Druck, digitale Filmproduktionen und Virtual Reality bis hin zu Blockchain-Projekten und Videospielen geben visionäre Antworten auf drängende gesellschaftliche, ökologische, politische und ästhetische Fragen.

Das in Berlin und Wien ansässige Architekturbüro Some Place Studio hat dafür ein spezifisch an die heterogenen Arbeiten angepasstes Ausstellungsdisplay entworfen, das ästhetische Elemente aus digitalen 3D-Welten aufnimmt und die Farbpalette eines Rendering-Prozesses zitiert. Eine mit Infinity-Spiegeln gestaltete Lounge lädt zum Verweilen und Reflektieren ein.

„Speculative Narratives and Worldbuilding“ umfasst spekulative Erzählungen und die Erschaffung virtueller Welten in Film und VR, die kritische, hoffnungsvolle und alternative Zukunftsszenarien entwerfen. Erstmals in einem österreichischen Museum ist der Film „Planet City(2020) von Architekt und Regisseur Liam Young zu sehen, ein futuristischer Entwurf einer Megastadt im Jahr 2050, in der die gesamte Erdbevölkerung – 10 Milliarden Menschen – lebt. Liam Young, von der BBC als „der Mann, der unsere Zukünfte entwirft“ beschrieben, vereint darin visionäre Bilder mit drängenden Umweltfragen.

Architekt und Filmemacher Kordae Jatafa Henry präsentiert den utopischen Kurzfilm „Earth Mother, Sky Father (2019), der sich auf poetische Weise mit der Gewinnung von Rohstoffen im Kongo befasst. Ökologisch motiviert sind auch die Videospiele zum Thema Stadtentwicklung „Block'hood“ und „Common'hood“ von Jose Sanchez, Architekt, Gamedesigner und Direktor des Forschungsstudios Plethora Project. iheartblob (Aleksandra Belitskaja, Ben James, Shaun McCallum) sind mit ihrer auf Blockchain-Technologie basierenden virtuellen Stadt „_Spaces“ (2020) vertreten.

Speziell für die MAK Ausstellung entwickeln Space Popular (Lara Lesmes, Fredrik Hellberg) auf Basis ihres Research-Projekts „The Portal Galleries eine VR-Installation zur Magie und Mechanik von Portalen. Das Archiv besteht aus über 1.000 Portalen und 18 Archetypen aus Fantasy- und (Science-)Fiction-Büchern, Filmen, Graphic Novels und Spielen der letzten 250 Jahre und repräsentiert Space Populars Manifest für die Zukunft des virtuellen Reisens und für eine faire, zivile Infrastruktur für das Metaverse.

Die im Kapitel „Research Investigations“ gezeigten Arbeiten eröffnen Gegengeschichten zum anhaltenden Einfluss des westlichen technologischen Kolonialismus und schärfen unsere Sicht auf die notwendige Dekolonialisierung digitaler Daten. Pionierarbeit leistete die iranisch-kurdische Künstlerin Morehshin Allahyari mit der Serie „Material Speculation: ISIS (2015/16), die zwölf von ISIS zerstörte Artefakte als 3D-Drucke rekonstruierte und digitale Daten zu deren Kontext auf Flash-Drives in die Objekte einschrieb. Die Designerin Miriam Hillawi Abraham eröffnet im VR-MultiplayerspielAbyssinian Cyber Vernaculus (2019) Perspektiven auf den „Digital Twin“ der historischen Stadt Lalibela, Äthiopien, und das Erbe von afrikanischem Kulturgut.

Die New Yorker Künstlerin Genevieve Goffman, die sich intensiv mit Architekturgeschichte, Internet-Ästhetik und „Lore“ (Hintergrundwissen, das fiktiven Welten in Videospielen zugrunde liegt) auseinandersetzt, entwickelt eine neue Arbeit aus 3D-gedruckten Miniaturen, die von der Wiener Moderne und Adolf Loos’ Verständnis von Innen- und Außenraum inspiriert ist.

Die Arbeit leitet zum Kapitel „Dreamscapes“ über, das sich mit Visualisierungen an der Schnittstelle von Architektur und Technologie befasst. Während der Covid-bedingten Lockdowns wurden hyperrealistische Sehnsuchtsorte so populär wie nie zuvor: Auf Instagram erzielten Gestalter*innen enorme Reichweiten und produzier(t)en immer neue utopische Szenarien, die Ruhe und Eskapismus in Zeiten von Unruhe und Krisen zum Ausdruck bringen.

Andrés Reisinger, einer der gefragtesten digitalen Künstler*innen des 21. Jahrhunderts, postete im Juli 2018 ein 3D-Rendering seines fiktiven „Hortensia Chair auf Instagram, das viral ging. Gemeinsam mit Júlia Esqué und Moooi verwandelte er das digitale Design in ein mit 20.000 Blütenblättern bedecktes physisches Objekt. Der Designer Alexis Christodoulou zeigt die verführerische Zugfahrt „Quantum Express“ (2022), die auch als NFT-Edition produziert wurde.

Mit „Neo-Chemosphere(2021) laden Charlotte Taylor und Anthony Authié (Zyva Studio) zu einer Odyssee im postanthropozentrischen Kontext: eine fiktive Architektur und Hommage an John Lautners „Chemosphere House(Los Angeles, 1960) inmitten rosafarbener Felsen der Calanques bei Marseille. Kollaborative Projekte multiplizieren Ästhetiken und Konzept-Design: Studio Mary Lennox zeigt „Smokebush Court“ (2020) – in Zusammenarbeit mit Charlotte Taylor und Formundrausch entstandene CGI-Visualisierungen von Tennisplätzen, die von blühender Natur eingenommen werden.

Für seine Visualisierungen utopischer Holz-Architekturen ist das Salzburger Architekturbüro Studio Precht (Chris Precht und Fei Tang Precht) auf Instagram bekanntgeworden, dessen Entwürfe auch realisiert werden: Gezeigt wird u. a. das in Kooperation mit Baumbau entwickelte modulare Baumhaus „Bert (2018), das durch neue Module wachsen kann.

Das Kapitel „AI and Algorithmic Variation“ widmet sich KI-basierten Architekturprojekten: Ein Algorithmus ist nicht nur ein schrittweises Problemlösungsverfahren oder ein mechanistischer sprachlicher Ausdruck, sondern wirft auch tiefgreifende philosophische und gestalterische Fragen auf.

Das Architekturbüro SPAN (Matias del Campo und Sandra Manninger) arbeitet seit den 1990er Jahren mit neuen Technologien und KI. Für das MAK entwickelt SPAN eine Installation, die jedes Bild enthält, das SPAN bisher mit KI generiert hat. Das überlebensgroße, mit Midjourney-KI entworfene 3D-Architekturmodell „Doghouse“ (2023) wird von AIBO-Roboterhunden bewohnt. Per Livestream übertragen sie auf einen Video-Feed, was sie darin sehen.

Um Räume zu verstehen, muss ein Roboter seine Umgebung kennenlernen. Dafür werden 3D-Dateien virtuell zu Wohnmodellen zusammengestellt. Mit dem Kurzfilm „HOMESCHOOL(2019) macht Designerin Simone C. Niquille aus einem der größten Trainingsdatensätze sonst verborgene SceneNet RGB-D sichtbar. Mit Machine Learning und generativen Prozessen befasst sich auch die Designerin Alisa Andrasek, deren Projekt „Ecocity(2023) auf die Verschmelzung spekulativer Forschung und realer Anwendung abzielt.

Erstmals zu sehen ist das Projekt „My Mid Journey Trash Pile“ (2022) von Architekt*in und Gamedesigner*in Leah Wulfman: mittels Midjourney-KI entworfene Gebäude aus entsorgten Baumaterialien, die als Ölmalerei umgesetzt werden. Lee Pivnik, Gründer des Institute of Queer Ecology, zeigt in „Symbiotic House(seit 2022), wie KI-unterstützte Architekturvisionen gemeinsam mit der lokalen Community Südfloridas ein „Multi-Spezies-Habitat“ ergeben können.

Teilnehmer*innen:
Morehshin Allahyari, Alisa Andrasek, Matias del Campo & Sandra Manninger (SPAN), Alexis Christodoulou, Formundrausch, Genevieve Goffman, Kordae Jatafa Henry, Miriam Hillawi Abraham, iheartblob, Simone C. Niquille (/technoflesh Studio), Lee Pivnik (The Institute of Queer Ecology), Andrés Reisinger (Reisinger Studio), Jose Sanchez (Plethora Project), Space Popular, Studio Mary Lennox, Studio Precht, Charlotte Taylor, Leah Wulfman, Liam Young, Zyva Studio, 2MVD (Damjan Minovski, Valerie Messini).

Pressefotos stehen unter MAK.at/presse zum Download bereit.

Pressekonferenz
Dienstag, 9.5.2023, 10 Uhr
Wir bitten um Anmeldung unter presse@MAK.at

Eröffnung
Dienstag, 9.5.2023, 19 Uhr
Eintritt frei ab 18 Uhr

Ausstellungsort
MAK Ausstellungshalle EG
MAK, Stubenring 5, 1010 Wien

Ausstellungsdauer
10.5.–10.9.2023

Öffnungszeiten
Di 10–21 Uhr, Mi bis So 10–18 Uhr

Kuratorinnen
Bika Rebek, Architektin und Gründerin, Some Place Studio
Marlies Wirth, Kuratorin Digitale Kultur, Kustodin MAK Sammlung Design

Ausstellungsgestaltung
Some Place Studio

MAK Eintritt
€ 15, ermäßigt € 12, jeden Dienstag 18–21 Uhr: Eintritt € 7
Eintritt frei für Kinder und Jugendliche unter 19

Rückfragen & Kontakt:

MAK-Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Judith Anna Schwarz-Jungmann (Leitung)
Sandra Hell-Ghignone, Ulrike Sedlmayr
T: +43 1 711 36-213, -212, -210
presse@MAK.at
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Veröffentlicht am 04.04.2023