Endless Wellness und die Edelfans

Endless Wellness
© Reinhard K. Saurer

Wie weiß man, ob man auf einem guten Konzert ist? Manchmal wird man vom ersten Ton weg mitgerissen, ab und zu braucht es ein bisschen Anlaufzeit, dann wiederum bleibt es beim höflichen Kopfnicken und selten ist man im falschen Film, was bei mir zum Glück nicht allzu oft vorkommt, da ich schon über reichlich an Konzerterfahrung verfüge. In Graz gibt es da noch ein anderes Kriterium: die Superfans, von denen es unabhängig voneinander eine weibliche und eine männliche Ausgabe gibt. Auf den männlichen Part hat mich vor vielen Jahren (20?) einmal ein guter Freund Marios namens Albert, seinerseits Songwriter, aufmerksam gemacht. Heute ist dieser Edelfan ein stets seriös gekleideter Sir Mitte fünfzig noch immer bei jedem viel versprechenden Konzert im Orpheum oder im PPC anzutreffen. Und nein, er ist kein Journalist!

Seit einigen Jahren gibt es ein weibliches Pendant, ebenso stets alleine anzutreffen, und bei fast jedem Konzert in der ersten Reihe! Zuletzt war das bei Endless Wellness, Felix Kramer oder John Blek der Fall. Auch bei Ash, The Subways und Paul Millns waren beide unabhängig voneinander mit von der Partie. Wenn die beiden anwesend waren, habe ich es noch nie bereut, zu einem Gig zu kommen.

Apropos Endless Wellness: Wie entsteht eigentlich ein Hype? All die oben genannten Acts aus verschiedenen Genres sind es wert live gesehen zu werden. Jeder auf seine Art. Ash und The Subways in einem Doppelkonzert zu sehen ist natürlich ein Geschenk. Vor allem der charismatische Frontman der Subways, Billy Lunn, ein sensationeller Performer. Da tut es auch keinen Abbruch, dass das letzte Album bestenfalls Durchschnitt war. Felix Kramer, ein toller Geschichtenerzähler und lässiger Liedermacher, live weniger ruhig als auf der Platte, absolut empfehlenswert. John Blek, ein zu Unrecht relativ unbekannter irischer Songwriter, ebenfalls ein genialer Storyteller, der mit 37 schon acht Alben veröffentlicht hat. Und dann noch Paul Millns, ein britischer Sir, der mit Eric Burdon, David Crosby oder Ralph McTell zusammengespielt hat, ebenfalls ein grandioser, maßlos unterschätzter Songwriter, den man ebenfalls gerne zwischen seinen Songs zuhört. Und ach ja, da wären ja noch Endless Wellness und der Hype. Endless Wellness, eine Salzburger/Wiener Indie Band, von der man in Zukunft noch einiges hören wird. Dabei haben sie gerade einmal ein Album veröffentlicht, und das ist noch relativ frisch. Vorab habe ich mir nur auf Youtube zwei, drei Songs von ihnen angehört und mir gedacht, ich könnte ja hingehen, nachdem sie in einer meiner Lieblingslocations spielen, dem Orpheum extra. Was mich erwarten wird, war mir trotzdem noch unklar. Doch der Abend sollte nicht ohne Überraschungen ablaufen. Überraschung Nummer eins: sold out (Zum Glück habe ich mir im Vorverkauf Karten gesichert). Überraschung Nummer zwei: Superfan weiblich anwesend, Überraschung Nummer drei: männlicher Superfan detto. Als Support Act spielt die junge Wiener Band Tauchen eine engagierte Show. Dann Endless Wellness und Überraschung Nummer vier: Der Großteil des Publikums, das sich aus allen möglichen Altersgruppen zusammensetzt, ist extrem textsicher, wodurch Leadsinger Philipp Auer die Crowd von der ersten Sekunde an auf seiner Seite hat. Die Partie zeigt sich nicht nur spielfreudig, sie hat auch das gewisse Etwas, um erfolgreich zu sein. Bald war mir klar, da gibt es keinen schlechten Song, Hand im Gesicht oder Danke für Alles haben absolut Hitpotenzial. Zu den zehn Songs vom Album kommen noch vier weitere hinzu, dann noch ein paar Geschichten und Zugaben, womit dieser echt geile Act immerhin schon auf 75 Minuten kommt. Letztlich bleibt festzuhalten, meine Erwartungen wurden übertroffen, der Hype ist in diesem Fall nicht zu unrecht. Die können die nächste große einheimische Nummer werden, das hätte ich mir beispielsweise von Bilderbuch nicht gedacht, als ich sie vor Jahren beim Acoustic Lakeside, übrigens eines der geilsten Festivals Österreichs, am frühen Nachmittag gehört habe.

Zum Abschluss noch ein paar Albumtipps: The Last Dinner Party (Prelude to Ecstasy), The Sprints (Letter To Self), Adrianne Lenker (Big Future), Pascow (Sieben), Hotel Rimini (Allein unter Möbeln), Bernhard Eder (Golden Days) und eben Endless Wellness (Was für ein Glück)

 

Veröffentlicht am 28.03.2024

Über die Autorin / den Autor

 

reini, Albersdorf/Austria, Ilztal, Graz, English, österreichische Literatur, music forever, viele Schienen, used to perform/theatre, nothing better than live, Studio Alben auch cool, nichts geht über einen Song auf der Terrasse, am besten einen eigenen, schreiben ja, aber nicht immer, „Der Holzmotorsägenbauer“, „Sie nannten es Goal“, Sturm Graz, Graz 99ers, Steiermark but Austrian music, the young and the old ones, mit Mario film, wie hieß der schnell, meeting at the clock, Weinberge and craft beer, say father, say husband, this is all true, mein wortschatz, basta.